Wenn der „grüne Hahn" kräht

Umweltmanagement bei Kirchen

Von Martin Goebel, Umweltbeauftragter der Evangelisch-reformierten Kirche

Zusammen mit der Rechnung kommt die Frage: Wie kann ich meine Energiekosten reduzieren? Auch für die Gemeinden wird der Ausgabenanteil für Energie immer größer. Entlastung schaffen die Einrichtung einer Winterkirche, Temperaturabsenkung und, wenn es sich finanzieren lässt, eine energetische Sanierung der Gebäude.

Das ist ein guter Anfang. Doch Gemeinden sind nicht nur ihren Finanzen verpflichtet. Unser Umgang mit Energie und Rohstoffen hat weitergehende Auswirkungen, für die wir ebenfalls verantwortlich sind: Auswirkungen auf die Lebensmöglichkeiten der Menschen in den vom Klimawandel längst erfassten Ländern des Südens wie auch auf die unserer Nachkommen. Auswirkungen auf die Natur, die wir doch als Gottes Schöpfung bewahren sollen. Gott gab uns den Auftrag, für eine gute Ordnung Sorge zu tragen und Lebensraum zu schaffen. Die von uns Menschen verursachte Klimaveränderung allerdings bewirkt das Gegenteil. Sie verwandelt das, was geordnet war, zurück in zunehmend chaotische Zustände: Durch den Klimawandel nehmen Dürren und Überschwemmungen zu, Wüsten dehnen sich aus, und die Zahl der Stürme steigt kontinuierlich. Das ökologische Gleichgewicht, das uns das Überleben ermöglicht, kippt an immer mehr Stellen und droht die ganze Erde zu verändern. Der Lebensraum ist deshalb heute nicht, wie es die Schöpfungsgeschichte voraussetzt, an erster Stelle der Natur, sondern eben den Menschen abzuringen - angefangen bei uns selbst. Wir müssen dringend anfangen, unsere Lebensweise zu korrigieren. Technische Lösungen allein reichen bei weitem nicht aus.

Kirchen können hierbei nicht öffentlich Wasser predigen und heimlich Wein trinken. Das kirchliche Umweltmanagement ist eine erprobte Methode, vom Reden zum Handeln zu kommen und die Umweltbilanz von Gemeinden zu verbessern. Das entlastet nicht nur deren Kassen. Die Gemeinden werden nach und nach auch ihrer Verantwortung für die Schöpfung und alle heute und zukünftig in ihr lebenden Menschen besser gerecht. Dieser Beitrag ist nicht nur symbolisch. Die Evangelischen Kirchen in Deutschland mit ihren Einrichtungen verbrauchten 1995 so viel Energie wie die Stadt Hannover - und sorgen für C02-Emissionen in Höhe von Kenia und dem Sudan zusammen. Weil das nicht so bleiben durfte, betreiben viele Landeskirchen seit Jahren Umweltmanagement unter dem Namen „Grüner Hahn".

Grüner Hahn

Der „Grüne Hahn" pickt nicht nur den Energieverbrauch für Heizung und Strom heraus, zum Umweltmanagement gehören auch die Vermeidung von Müll, die Senkung des Wasserverbrauchs und die naturnahe Gestaltung von Außenflächen, um Artenvielfalt zu ermöglichen. Viele Verbesserungen sind kurzfristig und ohne große Kosten umzusetzen, anderes will gut geplant und finanziert sein.

Ohnehin ist das Umweltmanagement als dauerhafter Prozess angelegt. Für ihn wird zunächst ein gemeindliches Umweltteam geschult und über ein Jahr begleitet, bis das erste Ziel, die Verleihung des Grünen Hahns für wichtige Verbesserungen im Umweltbereich, erreicht ist. Danach geht es in die nächste Phase, und die Gemeinden stecken sich neue Ziele. Denn auf Nachhaltigkeit bedacht zu sein gehört zum Auftrag der Kirche, die über ihren Raum und ihre Zeit hinausgeht und sich als Glied der auserwählten Gemeinde von Anbeginn der Welt bis ans Ende glaubt (Frage 54 Heidelberger Katechismus).

Natürlich fragen sich Gemeinden, wie sie mit ihren vielen Aufgaben jetzt auch noch ein Umweltmanagement bewältigen sollen. Allein aus Kostengründen, vor allem aber, weil sie und ihre Mitglieder erheblich zum Klimawandel beitragen, ist eine Umkehr unausweichlich. Der Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung an dieser Stelle ist kein möglicher, sondern wesentlicher und damit unverzichtbarer Auftrag.

Aller Anfang ist schwer. Aber der ist längst gemacht - durch die letzte Energiekostenrechnung.

 

EMAS
ist die Kurzbezeichnung für Eco Management and Audit Scheme. EMAS wurde von der Europäischen Union entwickelt und ermöglicht Organisationen, die ihre Umweltleistung verbessern wollen, ein Umweltmanagement mit abschließender Umweltbetriebsprüfung, die zertifiziert wird. Als „Grüner Hahn" ist EMAS II für den kirchlichen Bereich angepasst worden, entspricht aber dessen Anforderungen.

Grüner Hahn
Der "Grüne Hahn" ist seit dem Beginn 2003 in der westfälischen Kirche ein ständig wachsender kirchlicher Beitrag zum Umweltschutz. Er zielt zuallererst darauf, Arbeitsabläufe so zu organisieren, dass nicht nur der gesetzlich geforderte Umweltschutz eingehalten, sondern eine ständige Verringerung der negativen Umweltauswirkungen in kirchlichen Einrichtungen erreicht wird. Auch in Weißrussland haben vier kirchliche Einrichtungen nach dem Grünen Hahn ein Umweltmanagement eingeführt. In Süddeutschland ist er bekannt als „Grüner Gockel".

Klimaplattform
Durch den Klimawandel wird bereits unzähligen Menschen die Lebensgrundlage entzogen. Kirchen und kirchliche Organisation sehen sich in Verantwortung  und haben sich zur Entwicklungspolitischen Klimaplattform zusammengeschlossen. Gemeinsam erheben sie politische Forderungen, die durch Selbstverpflichtung untermauert werden sollen. Die reformierte Kirche ist 2009 beigetreten. www.klimaplattform.de

Kopenhagen-Appell
„Sie, Frau Bundeskanzlerin, tragen beim UN-Klimagipfel eine historische Verantwortung", heißt es in der Überschrift des Appells, den namhafte Persönlichkeiten, unter ihnen Kirchenpräsident Jann Schmidt, u unterzeichneten. Es wird darin formuliert, dass von Deutschland erwartet werden könne, aufgrund seiner bisherigen Emissionen die Entwicklungsländer bei Klimaschutz und Anpassung finanziell zu unterstützen.

Umweltmanagement in der Evangelisch-reformierten Kirche
Im April 2009 hat die Gesamtsynode beschlossen, ein kirchliches Umweltmanagement einzurichten. Eine Arbeitsgruppe mit dem Umweltbeauftragten Martin Goebel, Vizepräsident Johann Weusmann, dem Leiter der Bauabteielung im Landeskirchenamt, Berthold Groenewold, dem Leiter der Abteilung für Gemeinde- und Synodalverbandsangelegenheiten, Frank Landheer, ist derzeit damit befasst, einen Arbeitsplan zu entwickeln.