Diakonie-Chef fordert gemeinsames Handeln der EU in der Flüchtlingskrise

Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, hat die EU-Staaten aufgerufen, ihren Pflichten in der Flüchtlingskrise nachzukommen. Ihm sei deutlich, dass es "zu der von Bundeskanzlerin Merkel getroffenen Entscheidung, verfolgte Menschen nach Deutschland einreisen zu lassen, momentan keine vertretbare Alternative gibt", sagte er am Sonnabend bei der Diakonischen Konferenz der Evangelisch-reformierten Kirche in Uelsen (Grafschaft Bentheim).

Lilie war Hauptreferent der Diakonischen Konferenz, zu der 160 Ehren- und Hauptamtliche aus der Diakonie nach Uelsen gekommen waren. Die Jahreskonferenz stand unter der Überschrift „In der Nächsten Nähe - Ihr seid das Salz der Erde,… ihr seid das Licht der Welt“. Lilie sagte, diese biblischen Worte seien eine Ermutigung für kirchliches und diakonisches Handeln. Diakonie könne Salz der Erde sein, wenn ihr Tun zu einer menschenfreundlichen Gestaltung der Gesellschaft beitrage. Dazu gehöre auch, sich deutlich profiliert zu sozialen Themen zu äußern.

Lilie sagte mit Blick auf die aktuelle Debatte, die Zahl der Flüchtenden nach Deutschland zu begrenzen: "Wenn die Zahl der Menschen, die bei uns Schutz suchen, begrenzt werden soll, geht das nur mit Gewalt.“ Solche Maßnahmen relativierten jedoch die universelle Geltung der Menschenrechte in Europa. "Deutschland ist ein wohlhabendes Land, das ausreichende Ressourcen für ihre Aufnahme in dieser Notsituation hat."

Die Welt werde Europa eines Tages daran messen, "ob wir eine gemeinsame Antwort auf diese humane Jahrhundertkatastrophe gefunden haben oder nicht". Lilie forderte ein europäisches Asylsystem, nachdem alle EU-Staaten nach ihrer Leistungsfähigkeit Verantwortung übernehmen. Er betonte aber: "So lange nicht alle Länder Flüchtlinge in ausreichendem Maße aufnehmen und integrieren können, müssen die starken Länder in Europa, zum Beispiel Deutschland und Schweden, in Vorleistung gehen."

Derzeit stünden die großen Herausforderungen bei einer menschenwürdigen Unterbringung und Erstaufnahme der Flüchtlinge im Vordergrund. Gleichzeitig müssten aber auch tragfähige Konzepte für ihre Integration entwickelt werden, mahnte Lilie. Dabei gehe es um Sprachvermittlung, Bildung, Kita- und Arbeitsplätze und Wohnraum. Lilie sprach von einer Herausforderung für die kommenden 25 bis 30 Jahre.

Lilie nannte in seinem Vortrag Beispiele, wie „Diakonie als  Salz der Erde und Licht der Welt“ wirken könne. Dabei forderte er Kirche und Diakonie zu Veränderungen beim kirchlichen Arbeitsrecht auf. Die gesellschaftliche Realität sei neben der Säkularisierung besonders stark von einer kulturellen und religiösen Vielfalt geprägt. Er sprach sich in der Diakonie für eine Öffnung für nicht-christliche Mitarbeitende aus. Diese sei „im Interesse des Gesellschaftsauftrags der Diakonie an allen Mitgliedern der Gesellschaft ausdrücklich gewünscht“. Als Gemeinschaft von Nächsten – und nicht als reine Gemeinschaft von Christinnen und Christen - könne Diakonie kann gerade darin zum Salz der Erde werden, „dass sie die primäre Ausrichtung an der eigenen Identitätssuche durch Abgrenzung hinter sich lässt“.

Nach dem Hauptvortrag von Ulrich Lilie am Vormittag beleuchtet die Konferenz in zehn Arbeitsgruppen Handlungsfelder der Gemeindediakonie.

18. Oktober 2015
Ulf Preuß, Pressesprecher

Zum Thema Flüchtlinge können Sie auf der Startseite von reformiert.de ein Interview mit Ulrich Lilie hören.

Bild: Diakonische Konferenz in der Evangelisch-reformierten Kirche in Uelsen: Von links: Diakoniepastor Thomas Fender, Ulrich Lilie (Präsident der Diakonie Deutschland), Wolfgang Wagenfeld (Geschäftsführer des Diakonischen Werkes), Bernd Roters (Vorsitzender des Diakonischen Werkes).

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