Die Welt neu betrachtet

Mit einer Ausstellung rückt die Emder Johannes a Lasco Bibliothek das Zeitalter der frühen Aufklärung und den damit verbundenen Wandel des Weltbildes in der Blick. Kirchenpräsident Martin Heimbucher hat sie am Pfingstsonntag, 9. Juni eröffnet.

Unter der Überschrift „Der Wandel des Weltbildes in der frühen Neuzeit und seine Folgen“ zeigt die Bibliothek, wie der Wandel vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild auch theologisches Nachdenken veränderte. Dabei präsentiert die Emder Bibliothek auch eine Ausgabe des entscheidenden Werkes von Nikolaus Kopernikus. In „Über die Umschwünge der himmlischen Kreise“ von 1543 wies Kopernikus erstmals nach, dass die Sonne nicht um die Erde kreise, sondern die Sonne das Zentrum unseres Planetensystems ist.

Heimbucher sagte, bei der Eröffnung, Forschergeist und Erkenntniswille seien bestimmend gewesen für den Weg vom geozentrischen hin zum heliozentrischen Weltbild. Die Kirche habe als Wegbegleiter des Wandels eine eher unrühmliche Rolle gespielt. Frühe Ansätze zum Dialog zwischen göttlich-schöpferischem Geist und menschlich-wissenschaftlichem Geist seien verdrängt worden von "einem Totalanspruch des kirchlichen Dogmatismus", so der Kirchenpräsident. Alle Erkenntnis, auch die naturwissenschaftliche, habe sich eine sehr lange Zeit zunächst einer maßgeblichen Auslegung der Bibel durch das kirchliche Lehramt zu beugen gehabt.

Schließlich hätten sich die neuen Erkenntnisse jedoch durchgesetzt. Daraus ließen sich Lehren ziehen, betonte Heimbucher: "Die Erstarrung, das blinde Beharren auf der Tradition offenbart nicht die Stärke, sondern die Schwäche einer Weltanschauung." Die Frage der Dialogfähigkeit sei zur Überlebensfrage der Menschheit geworden, sagte der Kirchenpräsident. Ein Kampf der Kulturen oder Religionen könne am Ende nur Verlierer haben: "Mit Beklemmung nehmen wir auch wahr, wie aus Machtbesessenheit selbst wissenschaftliche Erkenntnisse etwa über die menschlichen Ursachen des Klimawandels verächtlich in den Wind geschlagen werden."

Aus diesem Grund müssten sich Glaube und Religion heute neu verbünden. Die Erkenntnisse der Wissenschaft seien Allgemeingut und dürften nicht abgeschottet werden, sagte Heimbucher. Der Glaube überwinde Grenzen von Sprache und Kultur, dafür stehe auch das Pfingstereignis. Die Johannes-a-Lasco-Bibliothek sei ein idealer Ort für die Ausstellung. Sie bewahre viele "Zeugnisse von der Lebendigkeit des Geistes nicht nur in der Theologie sondern auch in den Kultur- und Naturwissenschaften".

Der wissenschaftliche Direktor der Bibliothek, Kestutis Daugirdas, sagte, die Ausstellung zeige den Beginn moderner Wissenschaft. "Man machte sich unabhängig von den Autoritäten der Vergangenheit, dem Wissen der Antike, den überkommenen Interpretationsweisen der Bibel." Anhand von historischen Büchern aus ihrem eigenen Bestand und zahlreichen Leihgaben zeige die Emder Bibliothek, wie diese wissenschaftlich revolutionären Erkenntnis aus Astronomie und Physik sich in Beziehung zur Theologie entwickelten. Dabei ist auch das wissenschaftliche Zwischenmodell von Tycho Brahe (1546-1601) zu sehen: das helio-geozentrische System. Brahe sieht dabei die Erde weiterhin in der Mitte, um die sich die Sonne, umkreist von der Planeten, dreht.

Besonderes Augenmerk lenkt die Ausstellung auf die fünf Bücher der Weltharmonie von Johannes Kepler (1571-1630). Kepler entwickelte hierin eine Theorie der Harmonie, die Gott als universeller Schöpfer für sein Planetensystem geschaffen habe. In Zusammenarbeit mit der Hochschule Emden/Leer realisiert die Ausstellung in einer 3-D-Audio-Präsentation Keplers Harmonie-Theorie. (epd)

Die Ausstellung ist noch bis zum 6. Oktober zu sehen.

9. Juni 2019
Ulf Preuß, Pressesprecher


Öffnungszeiten und weitere Informationen: www.jalb.de

 

Bild oben: Klaas Dieter Voß und Kestutis Daugirdas (Johannes a Lasco Bibliothek), Stephan C. Koziolek (Naturforschende Gesellschaft Emden), Pof. Rüdiger Götting und Prof. Markus Batke (Hochschule Emden-Leer) kooperieren bei der Ausstellung.

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