Rabbinerin Gast zum Reformationstag

Die Evangelisch-reformierte Kirche hat die Rabbinerin Ulrike Offenberg (Jüdische Gemeinde Hamlen) als Referentin zum Reformationstag 2018 eingeladen. Sie spricht am Dienstag, 30. Oktober 2018, im Kloster Frenswegen zu dem Thema "Was erwarten Jüdinnen und Juden in Deutschland heute von den christlichen Kirchen?“ Erstmals ist der Reformationstag, der 31. Oktober, in diesem Jahr in Niedersachsen ein allgemeiner Feiertag.

Drei Fragen an Ulrike Offenberg.

Ist die Fragestellung, zu der Sie eingeladen wurden, nach den Querelen um den Reformationsfeiertag in Niedersachsen nicht fast eine Provokation? Schließlich haben alle jüdischen Verbände die Einführung des Tages als allgemeinen Feiertag mit Blick auf den Antijudaismus Martin Luthers abgelehnt – und wurden nicht gehört.

Freilich ist die Einführung des Reformationstages als neuer staatlicher Feiertag in Niedersachsen nicht das Traumdatum in den Augen von Juden und Jüdinnen hierzulande. Die Wahl des Datums des Lutherschen Thesenanschlags rückt doch nur einen Aspekt des Reformators in den Blick, während der von ihm propagierte mörderische Antisemitismus unberücksichtigt bleibt. Allerdings war in der Debatte um die Einführung dieses Feiertags nicht allein von den jüdischen Verbänden auf diese Seite hingewiesen worden, und so bleibt zu hoffen, dass das Nachdenken über eine Bewertung Luthers und der folgenden Kirchengeschichte anhält und sich die Kirchen stärker mit der lutherischen Judenfeindschaft auseinander setzen. Deshalb betrachte ich die Einladung nicht als "Provokation", sondern als Bemühen um die Fortsetzung des jüdisch-christlichen Dialogs. Gerade bei schwierigen Fragen ist es wichtig, das Gespräch fortzusetzen.

Jüngst haben antisemitische Äußerungen und auch Anschläge, ein Beispiel war der Angriff auf das jüdische Restaurant in Chemnitz vor sechs Wochen, wieder für Aufsehen gesorgt. Wie geht es Ihnen als Jüdin zurzeit in Deutschland?

Die Ereignisse in Chemnitz sind für uns alle schockierend. Das selbstsichere Auftreten eines fremdenfeindlichen und antisemitischen Mobs nährt die Ängste vor einer Bedrohung gemeindlichen und persönlichen jüdischen Lebens hier in Deutschland.

Die evangelischen Kirchen betonen deutlich, dass es gegen jede Form des Antisemitismus keine Toleranz geben dürfe. Reicht Ihnen diese Klarstellung?

Offizielle Deklarationen sind wichtig, aber wenn sie nicht durch konkrete Taten untermauert werden, bleiben es wohlfeile Worte.

(Fragen: Ulf Preuß)


Terminhinweis:


Thema: „Was erwarten Jüdinnen und Juden in Deutschland heute von den christlichen Kirchen?“

Zeit: Dienstag, 30. Oktober 2018 - 19.30 Uhr
Ort: Klosterkaplle im Kloster Frenswegen, Klosterstraße 9, 48527 Nordhorn

anschließend Empfang der Evangelisch-reformierten Kirche im Kreuzgang

(Foto: Debbie Cooper)

Die aus Ostberlin stammende Ulrike Offenberg ist seit 2016 Rabbinerin der jüdischen Gemeinde Hameln. Die 51-jährige, promovierte Theologin studierte in Israel und wurde am renommierten Hebrew Union College in Jerusalem zur Rabbinerin ordiniert.

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