Frühjahrssynode 2016

62 Synodale diskutieren über Öffnung des kirchlichen Arbeitsrechts

Die Gesamtsynode der Evangelisch-reformierten Kirche kommt am 28. und 29. April zu ihrer Frühjahrstagung zusammen. Tagungsort ist das Kloster Frenswegen bei Nordhorn. Schwerpunktthema für die 62 Synodalen ist die Beschäftigung von nicht-christlichen Mitarbeitern in Kirche und Diakonie. Bislang schließt das kirchliche Arbeitsrecht aus, dass Personen, die nicht Mitglied der Kirche sind, in kirchlichen oder diakonischen Einrichtungen beschäftigt werden können.

Präses Norbert Nordholt eröffnete nach dem Abendmahlsgottesdienst in der Klosterkapelle die Synodentagung.



Bericht des Moderamens der Gesamtsynode


Demokratie braucht aktives Eintreten von Christen
Tagungsort der Synode: Aula im Kloster Frenswegen

Kirchenpräsident Martin Heimbucher hat sich für ein aktives Eintreten von Christen für die Werte der Demokratie ausgesprochen. Gleichzeitig warnte vor einer zunehmenden Polarisierung in der Gesellschaft. Ein Alarmzeichen dafür sei der Zuwachs für rechtspopulistische Parteien bei der letzten Landtagswahl. Heimbucher sagte im Bericht des Moderamens vor der Gesamtsynode: „Die Stärke der Demokratie ist ihre Kritikfähigkeit und ihre Verbesserlichkeit. Beides steht in den Krisen und Herausforderungen dieser Zeit auf dem Prüfstand.“

Heimbucher warf den Rechtspopulisten vor, „in Wahrheit christliche-abendländische Werte zu verraten, wenn sie fremdenfeindliche Instinkte wecken“. Die Kirche stehe an der Seite derer, die sich für einen barmherzigen Umgang mit den Zuflucht suchenden Menschen einsetzen, und protestiere, „wenn die eine Not gegen die andere ausgespielt wird“. Heimbucher forderte, bei der Integration einen langen Atem zu haben. Wichtig sei es auch, darauf hinzuweisen, „dass die Flüchtlingskrise im Nahen und Mittleren Osten eben nicht damit gelöst ist, dass wir Syrer und Afghanen in die Türkei zurückschicken und unsere Grenzen dichtmachen.“

Die reformierte Kirche werde in diesem Jahr weitere 200.000 Euro für die Flüchtlingsarbeit zur Verfügung stellen. Mit 150.000 Euro werde die Arbeit mit Flüchtlingskindern in den Kindergärten unterstützt, 50.000 Euro stehen für Projekte in den Kirchengemeinden bereit. „Es gehört zu den Kennzeichen unserer europäischen Kultur, dass wir mit Menschen anderer Herkunft und anderer Religion die Begegnung, den Dialog und die Verständigung suchen“, sagte Heimbucher.

Die Aufgabe der Kirche in der Gesellschaft – notwendiger denn je

Kirchenpräsident Martin Heimbucher hat die Bedeutung der Kirche in der Gesellschaft betont. Die gegenwärtige gesellschaftliche Situation unterstreiche dies. „Kirche ist die Agentur Gottes, die Räume eröffnet, in denen Menschen den Sinn ihres Lebens finden können“, sagte er vor der im Kloster Frenswegen bei Nordhorn tagenden Gesamtsynode.

Kirche sei in der Zeit vielfacher Verunsicherung ein Ort, der Menschen Orientierung biete. Zudem sei sie ein Ort, an dem tätige Nächstenliebe eingeübt wird, in einer Zeit, in der immer noch allzu viele Menschen um sich selber und um ihre eigenen Bedürfnisse kreisen.

Der komplette Bericht des Moderamens als pdf


Diskussion über kirchliches Arbeitsrecht

Die Gesamtsynode hat am Nachmittag die Diskussion über eine Öffnung des kirchlichen Arbeitsrechts aufgenommen. Die Synodalen beraten die Frage, ob auch zukünftig die  Beschäftigung von Mitarbeitern in Kirche und Diakonie zwingend an deren Kirchenmitgliedschaft geknüpft sein muss. Bislang ist die Beschäftigung von Nicht-Christen nur in Ausnahmefällen möglich. Insbesondere von Seiten der Diakonie gibt es Bestrebungen, von dieser Regelung Abstand zu nehmen.

Die Präsidentin des Landeskirchenamtes der hannoverschen Landeskirche, Stephanie Springer stellte einen Entwurf einer neuen Richtlinie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vor. Zukünftig solle für das Profil einer Einrichtung sei nicht die formale Kirchenmitgliedschaft der Beschäftigten allein entscheidend sein. Beschäftigte und Anstellungsträgers gemeinsam hätten die Aufgabe, die evangelische Identität einer Einrichtung zu gestalten.

Schon bei der Diakonischen Konferenz der Evangelisch-reformierten Kirche im Oktober 2015 hatte der Präsident der Diakonie Deutschlands, Ulrich Lilie, dies gefordert. Die gesellschaftliche Realität sei neben der Säkularisierung besonders stark von einer kulturellen und religiösen Vielfalt geprägt sei. Somit sei eine Öffnung in der Diakonie für nicht-christliche Mitarbeitende „im Interesse des Gesellschaftsauftrags der Diakonie an allen Mitgliedern der Gesellschaft“ wünschenswert.

Springer betonte, dass die Kirchenmitgliedschaft jedoch nicht völlig gleichgültig sei. Nach dem neuen EKD-Entwurf sollen nur noch die Beschäftigten in der Seelsorge, der Verkündigung, in Leitungspositionen und der evangelischen Bildung zwingend evangelisch sein. Für alle anderen Beschäftigten könne das Arbeitsrecht geöffnet werden. Diskussionsbedarf gebe es noch für die evangelischen Kindertagesstätten.

Stephanie Springer, Präsidentin des hannoverschen Landeskirchenamtes

Besonders vor dem Hintergrund der steigenden Zuwanderung in Deutschland, gibt es Wünsche von Seiten der Kindergärten, muslimische Erzieherinnen zu beschäftigen. Als zweite Gastreferentin mahnte die frühere EKD- Referentin für sozial- und gesellschaftspolitische Fragen, Cornelia Coenen-Marx, die evangelischen Werte in der Praxis auch zu leben, etwa in der Altenhilfe: "Was zählt, ist auf Station." Werte seien im diakonischen Kontext nie nur Ideale. "Sie müssen als soziale Wirklichkeit erlebbar sein." Es gehe darum, Mitarbeitende in ihrer Arbeit für eine diakonische Haltung zu gewinnen: "Für Respekt, Zusammenarbeit und den Blick aufs Ganze."

Cornelia Coenen-Maerx, ehem. EKD-Referentin für sozial- und gesellschaftspol. Fragen

Die Synode setzte die Diskussion anschließend in Arbeitsgruppen fort.